20. November 2021

Der neue Bußgeldkatalog 2022 – jetzt wird abkassiert!


Nun ist der neue Bußgeldkatalog in Kraft, mit dem sich Bund und Länder auf wesentlich schärfere Regeln und krass erhöhte Bußgelder verständigt haben. So werden unter anderem Geschwindigkeitsüberschreitungen und Parkverstöße nun extrem teuer bis hin zur Verdopplung der bisherigen Geldbuße. In diesem Artikel sollen aufgrund ihrer hohen Relevanz im täglichen Straßenverkehr ausschließlich Geschwindigkeitsüberschreitungen (dazu 1.) und Park- und Halteverstöße (dazu 2.) beleuchtet werden.

Geschwindigkeitsüberschreitungen

Wir erinnern uns an die Peinlichkeit rund um die StVO-Novelle aus April 2020, welche aufgrund eines Formfehlers für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben wurde. Die Fahrverbote aus dieser aufgehobenen StVO-Novelle (innerorts ab 21 km/h und außerorts ab 26 km/h) finden im neuen Bußgeldkatalog 2021 aber nunmehr keine Berücksichtigung. Insoweit verbleibt es bei den seit Jahren bekannten folgenden Fahrverboten:

  • Fahrverbot ab einer Überschreitung von 31 km/h innerorts
  • Fahrverbot ab einer Überschreitung von 41 km/h außerorts
  • Fahrverbot bei einer zweimaligen Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens 26 km/h innerhalb eines Jahres zwischen Datum der Rechtskraft der ersten Tat und Datum der zweiten Tat.

In der nachfolgenden Übersicht finden Sie die Verschärfungen:

 

Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts

Überschreitung altes Bußgeld neues Bußgeld Punkte Fahrverbot
bis 10 km/h 15 Euro 30 Euro keine nein
11-15 km/h 25 Euro 50 Euro keine nein
16-20 km/h 35 Euro 70 Euro keine nein
21-25 km/h 80 Euro 115 Euro 1 nein
26-30 km/h 100 Euro 180 Euro 1 1 Monat*
31-40 km/h 160 Euro 260 Euro 2 1 Monat
41-50 km/h 200 Euro 400 Euro 2 1 Monat
51-60 km/h 280 Euro 560 Euro 2 1 Monat
61-70 km/h 480 Euro 700 Euro 2 2 Monate
über 70 km/h 680 Euro 800 Euro 2 3 Monate

 

Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts

Überschreitung altes Bußgeld neues Bußgeld Punkte Fahrverbot
bis 10 km/h 10 Euro 20 Euro keine nein
11-15 km/h 20 Euro 40 Euro keine nein
16-20 km/h 30 Euro 60 Euro keine nein
21-25 km/h 70 Euro 100 Euro 1 nein
26-30 km/h 80 Euro 150 Euro 1 1 Monat*
31-40 km/h 120 Euro 200 Euro 1 1 Monat*
41-50 km/h 160 Euro 320 Euro 2 1 Monat
51-60 km/h 240 Euro 480 Euro 2 1 Monat
61-70 km/h 440 Euro 600 Euro 2 2 Monate
über 70 km/h 600 Euro 700 Euro 2 3 Monate

*bei einer zweimaligen Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens 26 km/h innerhalb eines Jahres zwischen Datum der Rechtskraft der ersten Tat und Datum der zweiten Tat.

Park- und Halteverstöße

Bei den Parkverstößen hat sich die Geldbuße auf 55,00 EUR wie folgt erhöht (auszugsweise):

  • Parken auf Gehweg und/oder Radweg
  • Parken in einer Fußgängerzone
  • Parken in zweiter Reihe
  • Parken auf Behindertenparkplatz
  • Parken auf Plätzen für E-Fahrzeuge (i.d.R. Ladestationen)
  • Parken auf Plätzen für Carsharing-Fahrzeuge
  • ab einer Parkdauer von 1 Stunde beziehungsweise 3 Stunden sowie bei zusätzlicher „Behinderung“ ist eine Geldbuße von bis zu 110,00 EUR zu erwarten.

Was Halteverstöße anbelangt, so wird ein Halten (ein Parken natürlich erst recht) auf einem Bussonderfahrstreifen, einer Zickzacklinie oder einem Schutzstreifen für Radfahrer oder in zweiter Reihe (Ausnahme für Taxifahrer) mit einem Bußgeld von 55,00 EUR geahndet. Bei einer Haltedauer von mehr als 3 Stunden oder etwa bei Behinderung oder Gefährdung werden 70,00 EUR und 100,00 EUR fällig. Schwere Fälle könne sogar punkterelevant sein.

Eine Verdopplung des Bußgeldes erfolgt nun bei Verstößen gegen die sog. Parkscheibenpflicht; dieser Spaß kostet nun 20,00 EUR.

 

Was ist mit Punkten in Flensburg?

Bei den Punkten hat sich gegenüber der vormaligen Rechtslage nicht viel geändert. Ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h gibt es 1 Punkt in Flensburg. Bei einem Punktestand von 8 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.

Bundesverkehrsminister Andres Scheuer sprach insgesamt von einem fairen Kompromiss und meint: „es geht an den Geldbeutel, aber nicht an den Führerschein. Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt“. Dem möchte ich zustimmen, berücksichtigt man dabei vor allem die Tatsache, dass die StVO-Novelle 2020 Änderungen vorsah, die weitaus dramatischere Konsequenzen wie Fahrverbote schon ab relativ geringen Geschwindigkeitsüberschreitungen für die Verkehrsteilnehmer vorsah, welche im Bußgeldkatalog 2021 nun aber nicht mehr übernommen wurden. Und seien wir mal ehrlich, im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn kommen Raser in Deutschland doch recht milde davon. In Großbritannien kostet eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h bis zu 2.860 EUR, in Österreich ist dies mit einer Geldbuße bis zu 2.180 EUR auch nicht viel günstiger und in der Schweiz werden geringe Überschreitungen von 20 km/h mit mind. 145 EUR verfolgt.

Ob Verstöße erfolgreich angegriffen werden können, bleibt nach wie vor einer rechtlichen Prüfung des Einzelfalles vorbehalten. Da das Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht ein Spezialgebiet des Verkehrsrechts darstellt und hier Fachwissen mit Kenntnis der aktuellen – meist auch örtlichen – Rechtsprechung unabdingbar ist, sollten Sie sich im Falle eines Tatvorwurfes durch die Bußgeldstelle stets an einen „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ wenden.

 

Ich wünsche Ihnen allzeit gute Fahrt!


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