9. April 2021

Fahrverbot im Bußgeldbescheid? So gelingt eine erfolgreiche Abwendung!


Fahrverbote sind für uns Verkehrsteilnehmer ein besonders empfindlichstes Übel und wären in sehr vielen von mir verhandelten Fällen sogar existenzvernichtend gewesen. Das Gesetz und die Rechtsprechung billigen den Betroffenen jedoch die Möglichkeit zu, solch drohende Fahrverbote zu vermeiden. Dabei gibt es allerdings strenge Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Härtefalles, die m.E. nur von erfahrenen Verteidigern mit genauer Kenntnis der jeweiligen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung überwunden werden können.

Wann werden Fahrverbote verhängt?

Die meisten Fahrverbote, die i.d.R. auch 2 Punkte in Flensburg mit sich bringen können, werden verhängt bei Geschwindigkeitsverstößen ab einer Überschreitung um 41 km/h außerorts bzw. 31 km/h innerorts, bei zweimaliger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab 26 km/h innerhalb eines Jahres sowie bei einem sog. qualifizierten Rotlichtverstoß (Rotlichtzeit länger als eine Sekunde) und bei Abstandsverstößen von weniger als 3/10 des halben Tacho­wertes.

Absehen vom Fahrverbot (Härtefallregelung)

Grundsätzlich wird die Bußgeldstelle bzw. das Gericht prüfen, ob das Fahrverbot in Ihrem konkreten Fall zu einer Existenzgefährdung (beispielsweise Verlust des Arbeitsplatzes bei Berufskraftfahrern) führt und daher eine besonders krasse Härte darstellt. Allerdings können nach der jeweils anwendbaren ortsabhängigen Rechtsprechung auch andere (z.B. private) Gründe für die Annahme einer besonderen Härte des Fahrverbotes genügen.

Hier sind die Gründe, weshalb Sie als Betroffener für die Dauer des Fahrverbotes nicht andere Möglichkeiten der Mobilität ausschöpfen können (etwa Bus & Bahn, Taxi oder sogar die befristete Einstellung eines Fahrers) glaubhaft darzulegen. Erkennt die Bußgeldstelle bzw. das Gericht eine solche unzumutbare Härte, kann ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbotes gegen eine angemessene Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden.

Augenblicksversagen

Von einem Augenblicksversagen spricht man bei einer momentanen Unaufmerksamkeit, d.h. einem kurzfristigen, nicht grob fahrlässigen Versagen des betroffenen Fahrzeugführers. Ein Augenblicksversagen, das erfahrungsgemäß auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Fahrer unterläuft, und nicht als grobe Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugführers zu bewerten ist, kann nach Ansicht des OLG Düsseldorf (Aktenzeichen: IV-1 RBs 183/13) vorliegen,

  • wenn der Fahrer ein unübersichtliches Verkehrsgeschehen falsch gedeutet oder eine verwirrende Verkehrsregelung falsch verstanden hat,
  • auf eine besonders schwierige, insbesondere überraschend eingetretene Verkehrslage falsch reagiert oder
  • ein Verkehrszeichen schlicht übersehen hat und die sichtbaren äußeren Umstände auch nicht auf eine Beschränkung oder ein Ge- oder Verbot hingedeutet haben.

Insbesondere bei Rotlichtverstößen kann häufig wegen eines Augenblicksversagens vom Fahrverbot abgesehen werden. Ein solches kann hier etwa in Form des sog. „Mitzieheffekts“ gegeben sein, d.h. wenn der Betroffene durch das Anfahren anderer Verkehrsteilnehmer sozusagen „mitgezogen“ wird, obwohl für seine Fahrspur noch Rotlicht zeigte. In diesem Falle wird die Geldbuße nicht erhöht, sondern allein vom Fahrverbot abgesehen.

Was Sie tun sollten

Soweit für Sie der Antritt des Fahrverbots innerhalb der Ihnen möglicherweise gewährten viermonatigen Abgabefrist nicht möglich ist, so rate ich Ihnen dazu, sich unbedingt innerhalb der 2-wöchigen Einspruchsfrist an einen Verkehrsrechtsanwalt mit einschlägigen Erfahrungen zu wenden. Meiner Erfahrung nach ist es häufig möglich, bereits im behördlichen Verfahren (d.h. bevor die Sache an das Amtsgericht abgegeben wird) gegenüber der Bußgeldstelle ein Absehen vom Fahrverbot zu erreichen. Dies ist insbesondere für die Mandanten von erheblich finanziellem Vorteil, die nicht rechtsschutzversichert sind.

Beachten Sie aber in jedem Falle, dass Sie spätestens mit Ablauf der Ihnen ggfs. gewährten viermonatigen Antrittsfrist keine Fahrzeuge mehr im Straßenverkehr führen dürfen, selbst wenn Sie Ihren Führerschein noch nicht abgegeben haben. Andernfalls machen Sie sich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG strafbar, was weitaus schlimmere Konsequenzen für Sie haben kann.


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